Phako-Training in Kairo, Ägypten

Pyramiden von Gizeh

Ophthalmochirurgie – für viele junge Augenärzte in Deutschland ist dieser Bereich der Augenheilkunde nur ein Traum oder eine Fantasie. Um ihn zu bedienen, benötigt es meist einen guten und erfahrenen Mentor, der gewillt ist, einen zeitintensiv auszubilden. Der Konkurrenzkampf an den Augenkliniken Deutschlands führt dazu, dass jungen Augenärzten, welche sich noch in Ihrer Facharztausbildung befinden, meist nicht die Chance für eine adäquate operative Ausbildung eröffnet wird.

Mir erging es ähnlich. Als Arzt in Weiterbildung im 3. Ausbildungsjahr fasziniert mich die Ophthalmochirurgie seit jeher. Die Option einer operativen Ausbildung in der Vorder- oder Hinterabschnittschirurgie war an meiner derzeitigen Ausbildungsstätte, einer Uniklinik im Osten Deutschlands, allerdings nicht gegeben. Um mir einen Einstieg in die Katarakt-Chirurgie bereits während der Facharztausbildung zu ermöglichen, entschloss ich mich nach ausgiebiger Recherche für ein Phako-Training in Ägypten.

Die „​Egyptian Ophthalmic Training Association (EOTA)“ bietet seit vielen Jahren in Kairo eine operative Ausbildung an, unter anderem im Bereich der Vorder- und Hinterabschnittschirurgie. Versprochen wird ein maßgeschneidertes OP-Training, welches an die individuellen Fähigkeiten des Augenchirurgen angepasst ist – vom Beginner bis zum erfahrenen Ophthalmochirurgen.

Arabic Eye Center, Heliopolis, Kairo

So machte ich mich zu Beginn des Jahres 2023 auf den Weg nach Kairo. Die ersten Eindrücke, die man als Europäer in einer Metropole Afrikas wie Kairo sammelt, sind im wahrsten Sinne des Wortes überwältigend: Menschenmassen soweit das Auge reicht, ein beängstigender Autoverkehr und ein ständiger ungewohnter Lärmpegel, welcher durch das Hupen der Autos und Motorräder verursacht wird. Ganz anders verhält es sich dagegen im „Arabic Eye Center“ in Heliopolis, ein Stadtteil Kairos. Am ersten Tag wurde ich von fließend englischsprechenden Augenärzten empfangen. Nach einem kurzen Gespräch über meinen aktuellen operativen Ausbildungsstand bei einer Tasse Schwarztee wurden mir die 3 vorhandenen OP-Säle gezeigt und ich war direkt in einem der Säle zusammen mit Dr. Waleed Samir Hassan, einem erfahrenen ägyptischen Ophthalmochirurgen, eingeteilt, um in Peribulbäranästhesie die Phakoemulsifikationen und Linsenimplantation durchzuführen.

Dr. Waleed Samir Hassan und ich

Bei meinem ersten Fall, ein älterer Herr mit einer beginnenden Katarakt, war ich mehr aufmerksamer Beobachter als selbstständiger Operateur: alle Teilschritte der OP wurden genaustens von Dr. Waleed erklärt und ausgeführt, bei manchen legte ich selbst Hand an.

Die zweite Katarakt-Operation durfte ich direkt selbst beginnen: Die Parazentesen sowie die korneale Stichinzision gelangen auch sehr gut. Nach Instillation eines Viskoelastikums übernahm mein Ausbilder und begann die Kapsulorhexis, welche ich dann mit einer Pinzette vervollständigen durfte. Nach erfolgter Hydrodissektion und -delineation begann ich mittels „chip and flip“-Technik die Phakoemulsifikation – natürlich mit zum Teil manueller Unterstützung durch Dr. Waleed. Auch die weiteren Teilschritte inklusive Linsenimplantation durfte ich direkt ausführen. Sobald mir etwas schwierig erschien oder meinem Ausbilder etwas auffiel, wurde kurz unterbrochen und mir erklärt, was zu tun sei. Alternativ übernahm Dr. Waleed zeitweise selbst die Führung. Unter diesem 1:1- Teaching war so ein Erlernen der einzelnen OP-Schritte optimal möglich.

Die nächsten Tage gestalteten sich ähnlich: Stets führte ich die Operationen als erster Operateur unter Supervision meines Ausbilders durch und wurde von mal zu mal spürbar sicherer. Nach ca. einer Woche, in der ich täglich zwischen 2 bis 5 Katarakte operierte und auch viel Zeit damit verbrachte, den anderen Auszubildenden bei Ihren OP’s über die Schulter zu schauen, wurde der Schwierigkeitsgrad erhöht. Zu meinen Fällen zählten nun auch fortgeschrittene Linsentrübungen und es mussten auch andere Techniken bei der Phakoemulsifikation angewendet werden.

OP-Saal

„Step by Step“ erreichte ich so mein persönliches Ziel von insgesamt 25 Katarakt-Operationen innerhalb von 10 Tagen, wobei die Komplikationsrate mit 3 Kapselrupturen und nachfolgender Sulkusimplantation der Intraokularlinse für einen beginnenden Operateur gering gehalten werden konnte. Mehr Operationen wären möglich gewesen und hätten einen höheren Lernerfolg zugelassen. Allerdings darf man den finanziellen Aspekt einer solchen Ausbildung nicht vernachlässigen, da man am Ende der Ausbildung für jede durchgeführte OP eine vorher festgesetzte Summe US-Dollar an die Organisation bezahlt.

Für mich persönlich hat das Phako-Training in Kairo einen immensen Einfluss auf meine augenärztliche Entwicklung genommen, die ich jedem chirurgisch interessiertem Augenarzt ohne große ophthalmochirurgische Vorkenntnisse empfehlen kann. Sicherheit in der chirurgischen Behandlung von Patienten mit Augenerkrankungen ist und bleibt das A und O. Den sicheren Einstieg in die Kataraktchirurgie und die sichere Durchführung der einzelnen Schritte der OP gilt es zu gewährleisten bzw. zu erlernen, was durch ein ausgezeichnet organisiertes und strukturiertes OP-Training in Kairo ermöglicht wird.

Dr. med. Justus Ekkehard Letzel

Erschienen im Rahmen des Medizin und Forschung Specials in der OPHTHALMOLOGISCHE NACHRICHTEN 02.2024/ Seite 21/22

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